Erich Wolfgang Korngold in Wien – Ein musikalisches Wunderkind und sein Vermächtnis
Erich Wolfgang Korngold, geboren am 29. Mai 1897 in Brünn (heutiges Brno, Tschechien), wuchs in einer Zeit auf, in der Wien das kulturelle Zentrum Europas war. Seine Kindheit und Jugend in der Donaumetropole prägten ihn ebenso wie die musikalische Tradition, die ihn umgab. Als einer der herausragendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts hinterließ Korngold ein beeindruckendes musikalisches Erbe – sowohl in der klassischen Musik als auch in der Filmmusik. Dieser Beitrag beleuchtet sein Leben in Wien, seine bedeutendsten Werke und die Einflüsse, die ihn zu einem der bekanntesten musikalischen Wunderkinder machten.
Die Anfänge eines Wunderkinds
Korngolds Vater, Julius Korngold, war ein angesehener Musikkritiker, der die Werke von Gustav Mahler und Richard Strauss bewunderte und gleichzeitig mit seiner kritischen Feder die Wiener Musikszene maßgeblich beeinflusste. Schon früh erkannte er das außergewöhnliche Talent seines Sohnes und unterstützte ihn in seiner musikalischen Ausbildung. Bereits im Alter von sieben Jahren komponierte Erich sein erstes Klavierstück, das von keinem Geringeren als Gustav Mahler als das Werk eines „Musikgenies“ bezeichnet wurde.
Mit elf Jahren präsentierte Korngold sein Ballett „Der Schneemann“, das 1910 in der Wiener Hofoper uraufgeführt wurde und ihm den Durchbruch als Komponist bescherte. Von da an galt er als musikalisches Wunderkind, das in einem Atemzug mit Mozart und Mendelssohn genannt wurde. Seine musikalischen Werke zeichneten sich durch eine komplexe Harmonik, meisterhafte Orchestrierung und eine tief empfundene Melodik aus.
Wien als musikalisches Epizentrum
Die Wiener Musikszene Anfang des 20. Jahrhunderts war von einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne geprägt. Einerseits stand die Stadt für die klassische Musiktradition mit Komponisten wie Haydn, Mozart und Beethoven, andererseits war sie Schauplatz bahnbrechender Entwicklungen durch Komponisten wie Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern. Korngold bewegte sich in beiden Welten. Sein Stil war stark von der Spätromantik beeinflusst, insbesondere von Richard Strauss und Gustav Mahler, zugleich zeigte er eine bemerkenswerte Offenheit für innovative Klangwelten.
Wien bot Korngold die ideale Bühne für seine musikalische Entwicklung. Seine Oper „Die tote Stadt“, die 1920 in Hamburg und Köln gleichzeitig uraufgeführt wurde, zählt zu seinen größten Erfolgen. Die lyrische Oper, die die Thematik von Verlust und Sehnsucht behandelt, zeigt Korngolds außergewöhnliches Gespür für dramatische Gestaltung und musikalische Tiefe. Sie wurde in Wien mit Begeisterung aufgenommen und festigte seinen Ruf als einer der bedeutendsten Komponisten seiner Zeit.
Korngolds Exil und seine Rückkehr nach Wien
Die politischen Umwälzungen der 1930er Jahre veränderten Korngolds Leben grundlegend. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 und der darauf folgenden Annexion Österreichs 1938 war es für den jüdischen Komponisten nicht mehr möglich, in Wien zu bleiben. Er emigrierte in die Vereinigten Staaten, wo er sich einen Namen als Filmmusikkomponist machte. Seine Partituren für Hollywood-Filme wie „Robin Hood, König der Vagabunden“ (1938) brachten ihm internationale Anerkennung und zwei Oscars ein.
Trotz seines Erfolgs in Amerika blieb Korngold immer eng mit Wien verbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er kurzzeitig in die Stadt zurück, doch die Nachkriegszeit war geprägt von einer mangelnden Würdigung seines Schaffens. Sein romantischer Stil galt in der Zeit der Avantgarde und der Zwölftonmusik als überholt. Erst in den späten 1970er Jahren begann eine Wiederentdeckung seiner Werke, und heute wird er als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts geschätzt.
Korngolds Vermächtnis in Wien
Heute erinnern zahlreiche Orte in Wien an das Leben und Werk Korngolds. Die Staatsoper, die Wiener Philharmoniker und das Musikverein erinnern immer wieder an den Komponisten, der die Musikgeschichte der Stadt nachhaltig geprägt hat. Zudem gibt es in Wien mehrere Initiativen, die sich der Pflege seines musikalischen Erbes widmen, darunter Konzerte und Ausstellungen, die sein Werk einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.
Korngolds Musik ist ein lebendiges Zeugnis für die Vielfalt der Wiener Musiktradition. Seine Melodien und seine unverwechselbare musikalische Sprache haben Generationen von Komponisten und Musikliebhabern inspiriert. Besonders seine Oper „Die tote Stadt“ wird bis heute weltweit aufgeführt und gilt als Meisterwerk der spätromantischen Opernliteratur.
Fazit
Erich Wolfgang Korngold war nicht nur ein musikalisches Wunderkind, sondern auch ein Komponist, der die Wiener Musikszene mit seinen innovativen Ideen und seiner tiefen Leidenschaft für die Musik bereicherte. Seine Zeit in Wien prägte ihn nachhaltig und bildete die Grundlage für seine internationale Karriere. Heute ist sein Vermächtnis ein wichtiger Bestandteil der Wiener Musiktradition und erinnert daran, dass wahre Kunst zeitlos ist.
Korngolds Leben und Werk sind eng mit Wien verbunden – einer Stadt, die trotz aller politischen und kulturellen Umbrüche ihre Rolle als musikalisches Zentrum Europas beibehalten hat. Sein Beispiel zeigt, wie entscheidend ein nährender kultureller Kontext für die Entfaltung von Kreativität und Talent sein kann.