Alfred Adler

Psychologe und Begründer der Individualpsychologie

Alfred Adler war einer der bedeutendsten Psychologen des 20. Jahrhunderts und ist vor allem als Begründer der Individualpsychologie bekannt. Geboren am 7. Februar 1870 in Wien, wuchs Adler in einer jüdischen Familie auf und studierte Medizin. Anfangs war er stark von den Lehren Sigmund Freuds beeinflusst, mit dem er zusammenarbeitete, bevor er sich 1911 von Freud trennte, um seine eigene psychologische Schule zu gründen.

Die Individualpsychologie unterscheidet sich von der Freud’schen Psychoanalyse in einigen zentralen Punkten. Während Freud den Fokus auf das Unbewusste und die Sexualität legte, konzentrierte sich Adler auf das Individuum als Ganzes und betonte die soziale Natur des Menschen. Für Adler war der Mensch kein isoliertes Wesen, sondern stets in soziale Zusammenhänge eingebettet. Sein berühmter Ausspruch „Der Mensch ist nur im Zusammenhang mit anderen Menschen zu verstehen“ spiegelt diese Überzeugung wider.

Ein zentrales Konzept in Adlers Theorie ist das Gefühl der Minderwertigkeit, das er als Antriebskraft menschlichen Handelns betrachtete. Jeder Mensch erlebt laut Adler von Geburt an ein Gefühl der Unzulänglichkeit, das durch körperliche Schwächen, soziale Umstände oder zwischenmenschliche Beziehungen hervorgerufen wird. Dieses Minderwertigkeitsgefühl kann entweder zu einem gesunden Streben nach Verbesserung führen oder – bei übertriebenem Ausmaß – zu einem sogenannten „Minderwertigkeitskomplex“. Adlers Individualpsychologie betont daher die Bedeutung von Gemeinschaftsgefühl und sozialem Engagement, um eine gesunde Entwicklung zu fördern.

Ein weiteres wichtiges Konzept Adlers ist der Lebensstil, den er als einzigartiges Muster von Verhaltensweisen und Einstellungen beschreibt, das jeder Mensch in der Kindheit entwickelt. Dieser Lebensstil bestimmt, wie der Einzelne mit den Herausforderungen des Lebens umgeht und welche Ziele er verfolgt. Für Adler war es wichtig, Menschen zu helfen, ein besseres Verständnis für ihren eigenen Lebensstil zu entwickeln, um Probleme und Konflikte besser bewältigen zu können.

Adlers Arbeit hat nicht nur die Psychologie stark beeinflusst, sondern auch die Pädagogik und Psychotherapie. Besonders in der Kindererziehung legte er Wert auf die Förderung von Selbstständigkeit, sozialem Verhalten und Gemeinschaftsgefühl. Er vertrat die Auffassung, dass Kinder nicht durch Strafen, sondern durch Ermutigung und positive Bestärkung erzogen werden sollten.

Adler verstarb am 28. Mai 1937 in Aberdeen, Schottland, doch seine Theorien und sein Einfluss leben weiter. Heute wird die Individualpsychologie in vielen Bereichen der Psychotherapie, Beratung und Pädagogik angewendet. Besonders in der Arbeit mit Familien und Kindern finden Adlers Ideen nach wie vor breite Anwendung. Seine Überzeugung, dass der Mensch durch soziale Beziehungen definiert wird und dass Gemeinschaftsgefühl der Schlüssel zu einem erfüllten Leben ist, ist auch heute noch von großer Relevanz.